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Die Engel der Christine Lavant

Die Vorarlberger Musikerin und Sängerin Ramona Kasheer beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren mit den Gedichten von Christine Lavant. Begonnen hat diese intensive Auseinandersetzung mit jener von Thomas Bernhard getroffenen Auswahl, die in der Bibliothek Suhrkamp 1989 erschien. Es war ihr Philosophieprofessor, der ihr in einer Zeit existenzieller Nöte riet, sich auf die Suche nach den Engeln der Christine Lavant zu begeben. Sie reiste nach St. Stefan ins Lavanttal, um der Dichterin noch näher zu kommen, und kehrte zwischen anderen musikalischen Projekten immer wieder zu ihren Gedichten zurück. Daraus ist nun ein Konzertprogramm entstanden, das Ramona Kasheer am 28. September 2017 zum 2. Mal öffentlich präsentierte.

Dieser Abend in der Sargfabrik in Wien bot keine Aneinanderreihung einzelner vertonter Gedichte, sondern war vielmehr eine musikalische Zwiesprache mit der Kärntner Dichterin. Begleitet wurde Ramona Kasheer  dabei vom vielfach ausgezeichneten Koehne-Quartett. Der Komponist Rolf Aberer hat einige der Liedfassungen orchestriert und damit den Gedichten der Christine Lavant einen ganz besonderen musikalischen Rahmen gegeben.  Dazwischen war auch die Originalstimme Lavants zu hören und zog das Publikum augenblicklich in seinen Bann.

Damit reiht sich Ramona Kasheer in eine immer größer werdende Gruppe von Musikern und Musikerinnen ein, die von den Texten der Christine Lavant zu neuen musikalisch-literarischen Begegnungen und Projekten angeregt werden.

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Foto: Sargfabrik (c) Robin Gillard

Christine Lavant als Rebellin

In der Süddeutschen Zeitung vom 18.8.2017 rezensiert Insa Wilke die „Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus“ und den heuer erschienenen Band „Gedichte aus dem Nachlass“. Christine Lavant hat für sie „einige der energetischsten Gedichte und Prosa-Texte der modernen deutschsprachigen Literatur geschrieben“. Darum sollte die Lavant schon längst in den Kanon der deutschsprachigen Literatur aufgenommen sein. Dieser Meinung ist auch die Internationale Christine Lavant Gesellschaft. Darum möchten wir Ihnen diese Rezension keinesfalls vorenthalten.

Mitgliederversammlung der Internationalen Christine Lavant Gesellschaft

Am 9. Juni 2017 fand die erste ordentliche Mitgliederversammlung der Internationalen Christine Lavant Gesellschaft statt. Wir verbrachten den Abend im wunderschönen Ambiente des Prälatensaals beim Pfarrwirt im 19. Wiener Bezirk. Den Anfang machte der Präsident der Gesellschaft, Hans Gasser, mit einem Bericht der vergangenen Veranstaltungen und laufenden Aktivitäten der Lavant-Gesellschaft.

Es folgte ein Bericht aus dem Literarischen Beirat. Der Vorsitzende des Beirats, Klaus Amann, erzählte von der Arbeit an der Werkausgabe und sprach vor allem über den zuletzt erschienenen dritten Band „Gedichte aus dem Nachlass“.

Nach diesem ersten offiziellen Teil wurde auch noch die musische Seele der etwa 30 teilnehmenden Mitglieder und Gäste angesprochen. Kathrin Schmidt, die erste Lavant-Preisträgerin gab Ausschnitte aus ihrem aktuellen Roman „Kapoks Schwestern“ zum Besten. Musikalisch umrahmt wurde die Lesung durch mehrere Stücke am Cello. Franz Bartholomey, erster Solo-Cellist der Wiener Philharmoniker, überzeugte mit einem äußerst abwechslungsreichen Programm, unter anderem stimmte er die Zuhörenden mit einem Wiener Lied auch gut auf die Heurigen-Atmosphäre ein. Bei anregenden Gesprächen und interessantem Austausch sowie herrlichem Wein ließen wir den gelungenen Frühsommerabend ausklingen.

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(Fotocredit: (c) Karin Gasser)

Christine Lavant international

Am 11. Juli 2017 trafen sich auf Einladung der ICLG rund 60 Auslandslektor/innen sowie deren akademische Ausbildner unter der Leitung von Dr. Arnulf Knafl in entspannter Atmosphäre zu ihrer Jahresabschlussversammlung beim Mayer am Pfarrplatz.

Dank großzügiger Unterstützung seitens unseres Protektors Hans Schmid bot sich den jungen Akademiker/innen die Gelegenheit, sich bei Wein und köstlichen Schmankerln den Ausführungen von ICLG Vorstandsmitglied Mag. Leo Stollwitzer über die Aktivitäten der Gesellschaft informieren zu lassen. Stollwitzers Plädoyer an die versammelten Lektoren/innen, den Namen und das Werk Christine Lavants im Rahmen ihrer Lektorentätigkeit auch im kommenden Semester verstärkt in die Welt hinauszutragen, wurde überaus interessiert aufgenommen. So kann erwartet werden, dass auch im kommenden Studienjahr Deutsch-Studierende von Peking bis Mexiko, von Tokyo bis Kiev dem Werk Christine Lavants begegnen werden.

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Fotocredit: (c) Leo Stollwitzer

Buch des Monats Juni 2017

Der im letzten Newsletter vorgestellte dritte Band der Gesamtausgabe Christine Lavants „Gedichte aus dem Nachlass“ erfuhr nicht nur allgemein viel mediales Echo. Die Darmstädter Jury kürte den Band nun auch zum Buch des Monats Juni 2017. Die Begründung spricht von Christine Lavant als einer resoluten, trotzigen und außergewöhnlichen Dichterin, die es jedenfalls verdient, wieder entdeckt zu werden.

Lavant im Deutschlandfunk

In der Reihe „Lyrik lesen – Gedichte im Gespräch“ tauschen sich LiteraturkritikerInnen über Neuerscheinungen aus. Die aktuelle Runde der Kooperation zwischen dem Sender <b>Deutschlandfunk</b> Kultur und dem <b>Literaturforum Marbach</b> thematisiert unter anderem auch den aktuellen Band der Werkausgabe Christine Lavants. Die freie Kritikerin Insa Wilke meint über Christine Lavant: „Ihr Eigensinn und ihre Singularität stellt sie in eine Reihe mit Sappho, Günderode, Droste und Lasker-Schüler.“ Nachzuhören ist dieser sehr gelungene Beitrag hier:

„Das Göttliche und das Irdische kommen ins Rutschen“

Professor Klaus Amann, Vorsitzender des Literarischen Beirats der Internationalen Christine Lavant Gesellschaft und Mitherausgeber der Werkausgabe über den jüngst erschienen Band „Christine Lavant – Gedichte aus dem Nachlass“:

„Man kann es nicht anders sagen, Christine Lavants Gedichte aus dem Nachlass, der vor kurzem erschienene dritte Band der vierbändigen Werkausgabe ist eine literarische Sensation: Fünfhundert Gedichte aus dem Nachlass einer der größten Lyrikerinnen deutscher Sprache im 20. Jahrhundert. Wann hat es das zuletzt gegeben? Mit diesem Band wird Lavants publiziertes lyrisches Werk mit einem Schlage nahezu verdoppelt.

Dies bedeutet auch, dass völlig neue Seiten an der Dichterin zu entdecken sind. So ist es den Herausgeberinnen gelungen, in einer Wiener Privatsammlung die einzige erhaltene Druckvorlage für Lavants ersten Gedichtband  (Die Nacht an den Tag, 1948) aufzufinden, der zwar gesetzt, aber nie gedruckt wurde. Ihr lyrischer ‚Erstling‘, der in diesem Nachlassband komplett abgedruckt ist,  zeigt sehr schön und eindrucksvoll den Einfluss Rilkes, aber genauso auch ihre bewusste Ablösung von diesem Abgott und übermächtigen Vorbild und die Entwicklung ihrer eigenen, so charakteristischen „Bilderschrift“ (eingeschlossen einige bisher kaum bekannte ‚Umwege‘ über Erzählgedichte mit politischen und familiären Inhalten).

Eine ganz neue Seite an der Dichterin ist auch in ihren Widmungsgedichten an Werner Berg zu entdecken, den großen Kärntner Maler, der in der ersten Hälfte der 1950er Jahre ihr Gesprächspartner, Vertrauter, Ratgeber, Schicksalsgenosse und kurze Zeit auch ihr Geliebter war. Es war für beide eine jeder Hinsicht schwierige und schicksalhafte Begegnung. Die literarischen ‚Folgen‘ dieser Beziehung für das Werk von Christine Lavant sind gewaltig, aber auch abgründig. Das zeigen nicht zuletzt die Gedichte dieses Nachlassbandes. Man wird in der deutschsprachigen Lyrik der Nachkriegszeit schwer etwas finden, was Lavants Liebesgedichten für  Werner Berg in ihrer bestechenden Mischung aus  Sinnlichkeit und Sensitivität, Glückshoffung und Unglücksgewissheit, Bilderfindung und gedanklicher Raffinesse ebenbürtig ist.

So ermöglicht  der Band mit Lavants  nachgelassenen Gedichten nicht nur einen ganz neuen Blick auf ihre Entwicklung als Dichterin, sondern er erschließt auch eine  ganz unerwartete Vielfalt an Themen und Formen, die das zu ihren Lebzeiten erschienene lyrische Werk, das im Ganzen enger, geschlossener und hermetischer ist, auf überraschende Weise aufbrechen und kommentieren. Die Gedichte des Nachlass-Bandes  legen für viele der zu Lebzeiten publizierten  Gedichte, die bestrebt sind, das Private und das Persönliche zu verschlüsseln und zu camouflieren, überraschend neue Lesarten nahe. Man könnte auch sagen: das Göttliche und das Irdische kommen ins Rutschen und werden neu aufgestellt. So gewährt die Lektüre des Bandes doppelten Gewinn und doppelte Lust.

Klaus Amann

(Literarischer Beirat der ICLG)

„Ist unsre Liebe wirklich heimatlos?“

Lesen Sie eine erste Kostprobe aus dem soeben im Wallstein-Verlag erschienenen 3. Band der Gesamtausgabe „Christine Lavant –Gedichte aus dem Nachlass“. Das folgende Gedicht stammt, ebenso wie über 100 andere Gedichte des Bandes, aus der Sammlung Werner Bergs.

Ist unsre Liebe wirklich heimatlos?
Denk schöner nach, sieh alles besser ein;
weich war das Laub und sonnenwarm der Stein
und später einmal nimmt uns auf das Moos.

Dass wir gejagt sind, nimm das nicht so schwer.
Auch Vögel müssen alles flüchtig tun.
Und atemlang so ineinander ruhn,
Mund tief im Mund, stillt dich und mich viel mehr
als tausend Nächte Schlaf und Sicherheit.
Was ist ein Obdach gegen dieses Zelt,
das unsre Liebe rasch zusammenstellt
in jeder Landschaft und zu jeder Zeit?

Was nennst du Heimat? Denkst du an ein Haus?
Ich denk an Bergung schlicht von Leib zu Leib
und an der Seelen einigen Verbleib
lang über Lust und Stillung noch hinaus.

„Vom Reichtum der armen Gedichte“

Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist auf den neuen Gedichtband aufmerksam geworden. Und auch diese Rezension spricht von dem Band in den höchsten Tönen. Die Gedichte der großen Christine Lavant sind immer noch lebendig, findet Harald Hartung. Doch lesen Sie selbst:

Lesung und Mitgliederversammlung

MV

Am 9. Juni 2017 findet in Wien die 1. Ordentliche Mitgliederversammlung der Internationalen Christine Lavant Gesellschaft und eine Lesung der 1. Lavant-Preisträgerin Kathrin Schmidt statt. Wir würden uns sehr freuen, Sie bei der Mitgliederversammlung und bei der Lesung begrüßen zu dürfen. Zögern Sie auch nicht, Freunde oder Bekannte, die möglicherweise an einer Mitgliedschaft in der Internationalen Christine Lavant Gesellschaft interessiert sind, als Gäste mitzubringen.

Wann? 9. Juni 2017 von 16:30 bis 18:30
Wo? im Gwölb beim Pfarrwirt, Pfarrplatz 5, 1190 Wien

Tagesordnung und Programm:

  • Eröffnung und Begrüßung
  • Bericht des Präsidenten
  • Bericht des Literarischen Beirates
  • Allfälliges
  • Lesung der 1. Christine-Lavant-Preisträgerin Kathrin Schmidt aus ihrem Roman „Kapoks Schwestern“. Die Lesung wird musikalisch umrahmt vom ersten Solo-Cellisten der Wiener Philharmoniker Franz Bartholomey.

Im Anschluss an die Lesung wird es die Gelegenheit geben, bei einem Glas Wein mit der Autorin, mit dem Vorstand und dem Literarischen Beirat der Gesellschaft ins Gespräch zu kommen. Auf dem Büchertisch werden Sie die Werke der beiden großen Autorinnen Christine Lavant und  Kathrin Schmidt finden.

Sollten Sie die Möglichkeit nutzen wollen, im Anschluss an die Versammlung beim Mayer am Pfarrplatz oder im Pfarrwirt einen Tisch zu reservieren, so können wir dies gerne für Sie übernehmen.

Um Ihre Anmeldungen bitten wir Sie bis spätestens 2. Juni 2017 an office@christine-lavant.com

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